Schuster Otto (1897 – 1942)

Pfarrer Otto Schuster (1897-1942) Quelle: Sammlung Exenberger

Schuster, Otto
geboren am 5. November 1897 Klagenfurt/Celovec
ermordet im August 1942 in der Tötungsanstalt Hartheim

Biographie auch nachzulesen im Buch “Ausgelöschte Namen – Die Opfer des Nationalsozialismus im und aus dem Gailtal” Seite 181ff

Otto Schuster, der 1938 an der Universität Graz den Doktortitel der Theologie erhielt und am 16. September desselben Jahres zum Provisor der röm. kath. Pfarre Vorderberg/Blače bestellt wurde, ist ein weiterer Geistlicher, der Opfer des NS-Regimes wurde. Nun ist bereits bekannt, dass einzelne Vertreter und Anhänger der Kirche nicht zur Kollaboration mit den Nazis bereit waren und darum in den verschiedensten Formen Widerstand leisteten, z.B. als offene Kritik gegenüber dem NS-System in Messen und Kirchenfeiern. Otto Schuster war einer von ihnen.

Es dauerte nicht lange, bis Pfarrer Schuster die Repressalien der NS-Funktionäre zu spüren bekam. Ihm wurde Homosexualität – im Nationalsozialismus bereits ein Haftgrund – vorgeworfen. Tatsächlich wurde er am 9. September 1939 unter dem Vorwurf des Paragraph 130 des NS-Strafrechts verhaftet. In diesem sogenannten “Kanzelparagraphen” heißt es u.a.:

Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche, oder an einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor mehreren Angelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande einer Verkündung oder Erörterung macht, wird mit Gefängnis oder Festungshaft bis zu zwei Jahre bestraft.

Der Paragraph 130 verbot also den Geistlichen aller Religionen in der Ausübung ihres Amtes eine Stellungnahme zu politischen Angelegenheiten. Otto Schuster musste daraufhin zweieinhalb Jahre in der Strafanstalt Garsten verbringen, bis er 1942 der Gestapo Linz „zur weiteren Verfügung überstellt” wurde. Diese beschloss den baldigen Tod des Pfarrers. Er wurde, wie viele andere unbequeme Pfarrer auch, in das Konzentrationslager Dachau verschleppt, wo es einen eigenen „Pfarrerblock“ gab. Häftlingsberichten zufolge soll er in Dachau fürchterlich gelitten haben.

Otto Schuster wurde für medizinische Experimente, etwa für Malaria-, Phlegmone- und Unterdruckversuche, missbraucht. Durch seine körperliche Schwäche, die sich durch die Ausbeutung seiner Arbeitskraft und die grauenhaften Experimente in Dachau ergab, wurde er am 12. August 1942 im Rahmen der „Aktion 14f13“ mit einem sogenannten „Invalidentransport“ nach Hartheim gebracht, wo er mit 82 anderen Häftlingen am 25. August 1942 in der Gaskammer ermordet wurde. Pfarrer Otto Schuster wurde so als Geistlicher und vermeintlich Homosexueller verfolgt und inhaftiert, und schließlich im Zuge der NS-“Euthanasie” ermordet. Helmut Exenberger schreibt hierzu:

Mit einem sogenannten „Invalidentransport“ mußten Häftlinge, die durch die schrankenlose Ausbeutung ihrer Arbeitskraft für die SS und vom täglichen Schrecken des KZ-Alltags gezeichnet waren, am Morgen des 12. August 1942 ihren letzten Weg [von Dachau, Anm.] nach Hartheim bei Linz antreten. Unter den 83 Häftlingen befand sich die Nummer 29782, Dr. Otto Schuster. In der Gaskammer der nazistischen Mordanstalt Hartheim wurden sie erstickt.

Schusters Leichnam wurde am 29.8.1942 eingeäschert. Ein befreundeter Pfarrer Schusters – Nikolaus L’hoste, der ebenfalls in KZ-Haft war, doch 1945 flüchten konnte – beschrieb nach dem Krieg die Leiden seines Freundes in Dachau:

[Otto Schuster] zog, wie ich, wochenlang die Straßenwalze, ein Ungetüm, gemeinsam mit etwa 20 Mitgefangenen, bekam bei dieser Schwerstarbeit im Straßenbau, bei völliger Unterernährung, in Wind und Wetter, Kälte und Hitze, eine schwere Lungenentzündung, Rippenfellentzündung, er wurde operiert (Rippenresektion), genas; wurde von Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Schilling (München) […] zu dem berüchtigten Malariaversuchen mißbraucht. Später wurde Dr. Schuster als Versuchskaninchen bei den Phlegmone-Infizierungen mißbraucht, danach kam er in die Luftdruckversuchsbaracke von Dachau. Die Ärzte studierten an den Gefangenen, wie sie auf den verschieden starken Luftdruck reagierten, etwa als ob sie in tausend oder sechstausend Metern Höhe etc. wären, wie Flieger, die dann abstürzten. Weil deutsche Flieger auch in Finnland, Norwegen, am Eismeer usw. abgeschossen wurden und in das Eismeer fielen, wurden oben erwähnte Versuchskaninchen (Schuster) in eisgekühlte Wasserbassins geworfen (nach den Luftdruckversuchen), wo sie bis zur Erstarrung bei der eintretenden Untertemperatur verbleiben mußten. Zuletzt wurde Dr. Otto Schuster von Pfarrer Arthofer von Kronstorf (Oberösterreich) auf den Tod vorbereitet (heimlich), mit oben erwähnten 800 Geistlichen in Hartheim bei Linz vergast. Alle unsere Bemühungen, ihn zu retten, schlugen fehl.

Beim alten Friedhof in Vorderberg/Blacče sowie im Klagenfurter Dom erinnern Gedenktafeln an den Leidensweg des Gailtaler Pfarrer Otto Schuster.

Bernhard Gitschtaler & Daniel Jamritsch

Quellen
* DÖW: Akt.Nr. 1282 und Namenskartei.
* Baum: Dr. Otto Schuster (1897-1942), S. 202.
* Entner: Wer war Klara aus Šentlipš/St. Philipen?
* Exenberger: Kärnten 1938 und die Folgen im Gailtal.
* Liebmann/Paarhammer/Rinnerthaler: Staat und Kirche in der „Ostmark“, S. 443ff.
* Mauthausen Memorial, Online Archiv: http://bit.ly/R9ckg5.
* Tropper: Kärntner Priester im KZ, S. 395-449.
* Wendel-Gilliar: Das Reich des Todes hat keine Macht auf Erden.