Gailtaler Zeitbilder

Ausgabe Nr. 05, 19.02.2015
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Liebe LeserInnen, 

in der fünften Ausgabe unseres Newsletters gibt es rare Zeitbilder von der 8. Mai Straße in Hermagor/Šmohor, interessante Impressionen von der Eggeralm in den 1920er-Jahren sowie geschichtliche Entdeckungen aus dem oberen Gailtal. In der Rubrik "Zeitgeschichte" widmen wir uns dem aus dem Gailtal stammenden kommunistischen Politiker Johann Koplenig, der als erster Vizekanzler der Zweiten Republik amtierte und die politische und gesellschaftliche Landschaft Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend mitprägte. Wir haben recherchiert, wie er seine Kindheit, Jugend und später Urlaube im Gailtal verbrachte.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen, ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr. 

Die Redaktion wünscht viel Spaß beim Lesen.

PS: Unser nächster Newsletter erscheint am Freitag, den 13. März! Wir würden uns freuen, wenn du unseren Newsletter an deine FreundInnen, KollegInnen und Bekannte weiterempfehlst.

 

GAILTALER ZEITBILDER

 

Rathausplatz Hermagor, 1969

Diese Aufnahme zeigt den Rathausplatz in Hermagor im Jahre 1969. In diesem Jahr wurde das 800-jährige Jubiläum der Stadt gefeiert. Die Pfarre Hermagor wurde nämlich 1169 erstmals urkundlich erwähnt und wurde nach dem ersten Bischof von Aquileja, dem frühchristlichen Heiligen Hermagoras, benannt. Der Rathausplatz wurde um 1980 in Wulfeniaplatz umbenannt.

 

8. Mai Straße Hermagor, 1960er-Jahre

Die 8. Mai Straße in Hermagor (1969) mit dem alten "Lichtspielhaus", das 1928 von Willibald und Frida Essl errichtet wurde und bis 1989 ununterbrochen in Betrieb war.

 

Eggeralm, 1920er-Jahre

Auf der Egger-Alm in den 1920er-Jahren. Die Aufnahme zeigt eine Gruppe von Almbewohnern beim Gasthaus von Anna Jank.

 

Eggeralm, 1925

Eine weitere Impression der Eggeralm und ihrer Landwirtschaft im Jahre 1925. In einem Reisebericht um 1900 schrieb der alte Gailtaler Volkskundler Franz Franziszi über die Eggeralpe: "Die meisten Sennerinnen auf der Eggeralm tragen hier nach altherkömmlicher Sitte den kurzen bis ans Knie reichenden faltenreichen Rock, eine dunkle Slavanka mit der weißen Halskrause, über welche am Rücken die schön geflochtenen Zöpfe herabhängen, um die Mitte einen Ledergürtel mit dem auf einem Riemen befestigten Taschenmesser und ein buntes Busen- und Kopftuch. Manch hübsches Gesichtchen sieht man unter ihnen. Wenn ein Bekannter die Almhütte betritt, wird er von ihnen 'angesungen'; sie wiegen sich tänzelnd hin und her und singen ein slovenisches, je nach Umständen auch ein deutsches Liedchen." (Bildquelle: Marc Michael Thurner)

 

Eggeralm, undatiert

Gailtaler Sennerinnen auf der Egger Alpe. Erste Angaben über die Erzeugung von Almkäse auf den Almen des Gail- und Lesachtales gehen auf das 14. Jahrhundert zurück. Nach 1950 nahm aufgrund eines landwirtschaftlichen Strukturwandels die Zahl der Almsennereien auf den Gailtaler Almen kontinuierlich ab. Erst ein Umdenkprozess in der Landwirtschaft hat der Almwirtschaft wieder zunehmend zu einem Aufschwung verholfen. Heute ist der Gailtaler Almkäse das kulinarische und touristische Aushängeschild der Gailtaler Almen. (Bildquelle: Archiv Kärntner Landesmuseum)

 

Mauthen um 1900

Eine uralte Aufnahme vom "Markusplatz" in Mauthen um 1900. Das heutige Mauthen wurde bereits 56 v. Chr. nachweislich erwähnt, damals als Übergang über die Karnischen Alpen. Rund 200 Jahre später bildete sich auf dem heutigen Gebiet Kötschach-Mauthens eine Siedlung, die Loncium genannt wurde - in den Wirren der Völkerwanderung wurde diese Siedlung aber zerstört. Im Mittelalter wurde erneut eine Siedlung errichtet, die im Jahre 1276 erstmals unter dem Namen Mauthen erwähnt wurde.

 

Würmlach, undatiert

Dieses Zeitbild zeigt die Missoria bei Würmlach. An diesem Ort wurden im Jahre 1857 alte, venetische Fels-Inschriften aus vorrömischer Zeit gefunden, die Aufschluss über die Siedlungsgeschichte im oberen Gailtal geben.

 


 

GAILTALER ZEITPUNKTE

 

Der Vizekanzler aus dem Gailtal

Der Name Johann Koplenig ist heute vielen ÖsterreicherInnen kein Begriff mehr, und selbst in seinem Geburtsort Hermagor erinnert sich kaum jemand an den einst großen kommunistischen Politiker, der Österreich nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges wieder aufbaute. Hier ein paar Details zu seiner Zeit im Gailtal.

Johann Koplenig wurde 1891 als Sohn von Christopher Peturnig und Elisabeth Koplenig in einer kleinen, armseligen Keusche etwas außerhalb von Jadersdorf geboren. Nach lediglich zwei Jahren Volksschule in St. Lorenzen musste der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Koplenig in Neusach am Weißensee in die Lehre gehen und wurde Schuster. Diesen Beruf übte der politisch seit jeher versierte Koplenig bis zu seiner späteren Tätigkeit als hochrangiger KPÖ-Funktionär aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er das Amt des Vizekanzlers und gestaltete die politische und gesellschaftliche Landschaft des jungen Österreichs maßgeblich mit.

Evangelische Minderheit in St. Lorenzen

Seine Mutter, evangelisch, stammte von der „Janka“-Familie im benachbarten St. Lorenzen, die einen beliebten Gasthof führten; der Vater selbst war Sohn eines katholischen Bauern. Aufgrund konfessioneller Uneinstimmigkeiten blieben die Eltern Koplenigs Zeit ihres Lebens unverheiratet, weswegen deren Kinder evangelisch getauft wurden und den Nachnamen der Mutter erhielten. Alle Koplenig-Kinder (neben Johann waren dies Georg, Friedrich und Maria) besuchten die Volksschule St. Lorenzen und alle hatten wegen ihres protestantischen Glaubens - St. Lorenzen ist noch mehrheitlich katholisch - ihre Probleme dort. Johann Koplenig hat noch nach vielen Jahren von dem Spott und Hohn gesprochen, mit dem die katholische Mehrheit die wenigen protestantischen Kinder überschüttete.

"Den Buam müsst man studieren lass'n"

Die Familie Koplenig lebte in ärmlichen Verhältnissen und verdingte sich im Sommer an die Gitschtaler Bauern als Tagelöhner zur Feldarbeit, im Herbst ging es zur Arbeit in den Wald. Johann Koplenigs Schwester Maria erzählt: "Weil auch das Brot immer knapp war, musste der Hansl (Johann Koplenig, Anm.) schon als Schulbub die Kühe der anderen Leute hüten gehen. Aber gelernt hat er trotzdem gut. In der Schule war er der Beste in der Klasse. Der alte Lehrer hat oft zum Vater gesagt, den Buam müsst' man studieren lass'n! Der Vater hätts ja gern getan, wenn's Geld gereicht hätt'. Oder wenn man wenigstens das Schulgeld erlassen hätt'." Seine Schusterlehre begann Koplenig in Neusach am Weißensee; im Alter von 14 Jahren brannte er das erste Mal durch, weil er sich bei den Leuten am Weißensee unglücklich und einsam fühlte. Als Geselle war er anschließend für einige Zeit in Greifenburg tätig. Die Schwester Koplenigs zog es indes Richtung Hermagor, wo sie sich als Hausmädchen bei der wohlhabenden Familie Essl verdingte.

Antisemitismus am Weißensee

Der Erste Weltkrieg, die Zwischenkriegszeit und den Zweiten Weltkrieg verbrachte Koplenig vor allem mit politischer Arbeit unter widrigsten Bedingungen. Im Jahre 1929 war Koplenig mit seiner Frau Hilde im Gailtal zu Besuch. Hilde Koplenig zeigte sich erstaunt über den Herkunftsort ihres Gatten: „Wie kommt es, dass du gerade von hierher kommst, aus diesem abgeschiedenen Tal, und bist Sekräter der Kommunistischen Partei geworden?“ Hilde war Jüdin und behielt vor allem ihren Besuch am Weißensee in schlechter Erinnerung. Dort grassierte bereits der Antisemitismus. Was danach kam, ist bekannt: Austrofaschismus, Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg - alles unter dem Schirm des Hasses auf alles Jüdische und Kommunistische.

Nach dem Weltkrieg: Vizekanzler und Nationalrat

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Karl Renner von Stalin mit der Regierungsbildung beauftragt. Hierzu lud Renner neben Leopold Figl und Adolf Schärf auch den mittlerweile nach Österreich zurückgekehrten Johann Koplenig in das Amt als Staatskanzler ein. Bis 1956 war Johann Koplenig im österreichischen Nationalrat für die KPÖ tätig, wo er sich u.a. engagiert gegen den "Klassenparagraphen 144" (Abtreibungsverbot) und gegen ein frauenfeindliches Ehe- und Familienrecht einsetzte. Kurze Zeit später, am 13. Dezember 1968, verstarb er in Wien.



 

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Gailtaler Zeitbilder, 2013-2016

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